Sexuelle Gewalt

Dein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung kann auf viele Arten beeinträchtigt werden: das Spektrum reicht von der sexuellen Belästigung über Beleidigungen auf sexueller Basis bis hin zu sexueller Gewalt (manchmal spricht man auch von sexualisierter Gewalt). Mit sexueller Gewalt sind eine ganze Reihe von Straftaten gemeint, die du vielleicht unter den Begriffen „sexueller Missbrauch“, „sexuelle Nötigung“ oder „Vergewaltigung“ kennst.

Fakten

Wenn jemand (1.) eine sexuelle Handlung mit Gewalt oder durch eine Drohung erzwingt oder (2.) – ohne Gewalt oder Drohung – eine Lage ausnutzt, in der das Opfer dem Täter schutzlos ausgeliefert ist, spricht das Strafgesetzbuch (§ 177) von „sexueller Nötigung“.
Solche Taten werden mit Gefängnis von mindestens einem Jahr bestraft. 

In besonders schweren Fällen, z. B. dann, wenn für die Bedrohung eine Waffe eingesetzt oder die Tat von mehreren Tätern begangen wird, sieht das deutsche Strafrecht noch höhere Strafen vor. Eine Form der besonders schweren sexuellen Nötigung ist die in § 177 Absatz 2 Nr. 1 StGB beschriebene Vergewaltigung – hierzu mehr im folgenden Abschnitt.

Die Vergewaltigung ist ein besonders schwerer Fall einer sexuellen Nötigung, die immer mit dem Eindringen in den Körper gegen den Willen des Opfers verbunden ist (§ 177 Absatz 2 Nr. 1 StGB).
Eine Vergewaltigung kann nicht nur durch den vaginalen, oralen oder analen Geschlechtsverkehr, sondern auch durch Einführen von anderen Gegenständen oder Körperteilen in den Körper des Opfers, also z. B. auch durch das bloße Einführen eines Fingers erfolgen.
Schon der Versuch einer Vergewaltigung ist strafbar. Der Täter wird mit einer Haftstrafe von zwei bis 15 Jahren bestraft.

Betroffene und Beteiligte

Die meisten weiblichen und männlichen Opfer fühlen bei einer Vergewaltigung starken Ekel und ganz schlimme Angst.
Manche Opfer sind vor lauter Angst ganz steif und still und können sich überhaupt nicht gegen den Täter wehren.
Einige Opfer warten ab, bis es vorbei ist oder wehren sich körperlich oder mit Worten.
Wieder andere Opfer tun so, als ob sie mitmachen, damit ihnen nicht noch Schlimmeres passiert.

Es ist wichtig und richtig, sich nach einem sexuellen Übergriff Hilfe zu holen!

Über sexuelle Gewalt zu sprechen, fällt den Betroffenen oft ziemlich schwer. Es gibt unterschiedliche Gründe, die ein Opfer daran hindern können, über die erlebte sexuelle Gewalt zu sprechen, zum Beispiel

  • eigene Schamgefühle,
  • unbegründete Schuldgefühle,
  • der Druck des Täters zur Geheimhaltung,
  • eine wirtschaftliche oder persönliche Abhängigkeit.

Doch jedes Opfer hat ein Recht auf Hilfe! Sexuelle Gewalt zu verschweigen oder davor wegzulaufen, kann neue Gefahren mit sich bringen.
Wende dich deshalb an Vertrauenspersonen und hole dir Hilfe!

Wie du deine Sexualität auslebst, darfst du selber bestimmen. Aber nur, solange du und dein Partner das gut finden. Niemand muss Täter werden. Wenn du Probleme hast, wende dich an eine Beratungsstelle.

Eure Fragen zum Thema

Als Opfer von sexueller Gewalt solltest du so schnell wie möglich eine Arztpraxis oder die Notaufnahme eines Krankenhauses aufsuchen. Vielleicht gibt es Verletzungen, die versorgt werden müssen – auch wenn diese gar nicht spür- oder sichtbar sind.
Die Ärzte beraten dich auch bei Fragen zu einer ungewollten Schwangerschaft oder zur Übertragung von Infektionskrankheiten.

Die Ärzte unterliegen der Schweigepflicht. Sie dürfen also ohne dein Einverständnis nicht die Polizei informieren.

Die Ärzte können die Spuren der Tat als wichtige Beweise sichern.

Eine Strafanzeige kannst du immer auch noch zu einem späteren Zeitpunkt zu erstatten.

WICHTIG:

  • Wenn es um die Beweissicherung nach sexueller Gewalt geht, solltest du dich vor der ärztlichen Untersuchung nicht waschen – auch nicht deine Hände!
  • Bewahre die Kleidung auf, die du während oder kurz vor der Gewalttat getragen hast. Wasche sie nicht!
  • Bewahre alles auf, was als Spurenträger in Frage kommt (z. B. Taschentücher, Kondome).
  • Wenn es dir schwer fällt und du nicht allein sein möchtest, darfst du zur Untersuchung oder zur Polizei eine Person mitnehmen, der du vertraust.
  • Es gibt die Möglichkeit einer anonymen Spurensicherung für Opfer von sexueller Gewalt.
    Hierbei kannst du dir z. B. Hilfe vom WEISSEN RING oder von anderen spezialisierten Opferhilfeeinrichtungen holen.

Spätestens zwei bis drei Tage nach einer Vergewaltigung kann die „Pille danach“ eingenommen werden, die eine ungewollte Schwangerschaft verhindert. Opfer sollten die „Pille danach“ so schnell wie möglich nehmen. Sie ist rezeptfrei in Apotheken erhältlich.

Es gibt auch die „Spirale danach“, diese kann bis fünf Tage nach der Vergewaltigung zur Verhinderung einer ungewollten Schwangerschaft eingesetzt werden.

Frühestens zwei Wochen nach einer Vergewaltigung kann ein Schwangerschaftstest gemacht werden, um festzustellen, ob das Opfer durch die Tat schwanger geworden ist.

Kein Vergewaltigungsopfer muss ein ungewolltes Kind bekommen. Die Krankenkasse bezahlt einen Schwangerschaftsabbruch bis zum 3. Monat der Schwangerschaft.

Die Entscheidung, ob sofort oder später eine Strafanzeige bei der Polizei erstattet werden soll, ist für die betroffenen weiblichen oder männlichen Opfer aus sehr unterschiedlichen Gründen schwierig.

Kein Opfer kann zur Erstattung einer Strafanzeige gezwungen werden, auch wenn eine Anzeige immer sinnvoll ist.

Es ist wichtig zu wissen, dass bei Sexualstraftaten, wie sexuelle Nötigung und Vergewaltigung, die Verjährungsfrist mit dem 18. Lebensjahr des Opfers beginnt und nach 20 Jahren verjährt.

Für eine Anzeige ist es wichtig Beweise zu sichern, auch wenn die seelische Belastung gerade kurz nach der Tat sehr groß ist.

Keine Beweismittel vernichten, deshalb zum Beispiel die Bekleidung, Wäsche, Bettlaken oder andere Gegenstände aufbewahren, nicht wegwerfen oder reinigen!

Für jedes weibliche und männliche Opfer sind die Folgen von einer Vergewaltigung anders, denn sexuelle Gewalt ist eine schlimme Grenzverletzung.

Opfer, die sexuelle Gewalt erlebt haben, leiden fast immer darunter, auch wenn sie alles am liebsten ganz schnell vergessen und normal weiterleben möchten.

Viele betroffene Opfer ziehen sich zurück und werden misstrauisch. Ganz häufig haben sie erst mal keine Lust mehr auf Sex oder andere Dinge, die sie an diese unangenehme Erfahrung erinnern. Manche Opfer machen auch das Gegenteil und gehen viele sexuelle Beziehungen ein.

Viele Opfer bekommen Probleme in der Schule, Ausbildung oder am Arbeitsplatz, weil sie sich nicht mehr gut konzentrieren können.

Aus diesen Gründen ist es wichtig, sich Hilfe und Unterstützung zu holen, denn kein Opfer ist allein!

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